«Es geht um Menschen, die noch zu oft vergessen gehen»

Simone Leuenberger engagiert sich seit Frühling 2023 im Vorstand der CBM Schweiz. Im Interview erklärt sie, was sie an der Entwicklungszusammenarbeit begeistert.

Wie hast Du die CBM kennengelernt?  

Der CBM-Spendenbrief liegt von Zeit zu Zeit in unserem Briefkasten. Als Mitarbeiterin von AGILE.CH durfte ich CBM-Besuch aus Madagaskar empfangen und an CBM-Projekten mitarbeiten. Zudem folge ich CBM auf Twitter. 

Was motiviert Dich?  

Bei der CBM kann ich mein Engagement als Behindertenrechtlerin mit meinem christlichen Glauben verbinden. Wenn Gott schon die Israeliten in 3. Mose 19,14 aufgefordert hat, Hindernisse für Menschen mit Behinderung wegzuräumen, so gilt dieser Auftrag für heute umso mehr.  

Was am CBM-Auftrag bewegt Dich am meisten? 

Menschen mit Behinderung müssen befähigt werden, ihr Leben genauso zu gestalten wie Menschen ohne Behinderung. Gerade in Ländern ohne soziale Absicherung kommen Menschen mit Behinderungen nur aus der Armut heraus, wenn sie dabei unterstützt werden. CBM leistet hier hervorragende Arbeit. 

Welche Herausforderungen siehst Du für die CBM? 

Menschen spenden leider lieber für die Linderung persönlicher Schicksale anstatt für Interessenvertretung, die die Lebensbedingungen von allen Menschen mit Behinderung verbessert. Die CBM hat mit ihren Projekten die Chance aufzuzeigen, dass eine inklusive Gesellschaft nur über nachhaltige Entwicklungshilfe geschaffen werden kann. 

Wie barrierefrei erlebst Du Deine Berufstätigkeit? 

Solange ich im Schulhaus bleibe und unterrichte, stosse ich auf keine Barrieren und die Hindernisse lassen sich einfach beseitigen. Sobald wir uns aber z. B. auf einer Exkursion befinden, ist es für mich schwierig, meinen Berufsauftrag wahrzunehmen. Schon nur im Zug im gleichen Wagen wie meine Klasse zu reisen, ist praktisch unmöglich. Lehrpersonen im Rollstuhl sind nicht vorgesehen. Umgekehrt freuen mich Erlebnisse wie folgendes: An einem Elternabend kam eine Mutter auf mich zu und war sehr erstaunt, dass ich mich im Rollstuhl fortbewege. Ihr Sohn habe viel von mir erzählt, aber meine Behinderung nicht erwähnt. Das wünsche ich mir: Die Behinderung steht nicht im Vordergrund. Sie gehört einfach dazu. 

Was verbindet dein Engagement bei AGILE.CH und der EVP mit Deinem neuen bei der CBM? 

Es geht um Politik für und mit Menschen, die noch zu oft vergessen gehen. Ich möchte Sprachrohr sein für diese Personen, und insbesondere für jene mit Behinderungen unter ihnen. Daher kandidiere ich im Herbst für den Nationalrat. Die Schweiz kann es sich nicht mehr leisten, auf die Erfahrung und das Wissen von Menschen mit Behinderungen zu verzichten. Auch in der Entwicklungszusammenarbeit müssen diese Menschen mitgedacht werden, und zwar bei allen Projekten. Das darf aber nicht ohne sie geschehen. 

Was macht Dir besonders Freude? 

Wenn ich Menschen motivieren kann, Dinge zu tun, die sie sich nicht zugetraut hätten. Wir alle leben mit Grenzen. Ich mag die Herausforderung, Menschen zu ermutigen, ihre Gedanken über diese Grenzen hinaus zu lenken, die Grenzen zu hinterfragen, sie neu zu denken. 

«Ich lebe seit über 20 Jahren in einer 2er-WG in einem Stöckli auf einem Bauernbetrieb. In der Freizeit spiele ich Powerchair-Hockey, mache Rollstuhltouren in der Natur oder bin mit dem Wohnwagen unterwegs. Ich unterrichte am Gymnasium Wirtschaft und Recht, arbeite in der Interessenvertretung von Menschen mit Behinderung und bin für die EVP im Berner Kantonsparlament.»

Simone Leuenberger ist neu im Vorstand der CBM Schweiz 

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