Dürre-Nothilfe in Afrika
In den vergangenen Jahren haben zahlreiche Länder in Afrika unter der längsten und schlimmsten Dürre seit Jahrzehnten gelitten. Unter ihnen zahlreiche Menschen mit Behinderungen und ihre Familien. Die CBM leistet Nothilfe und stärkt zugleich die Lebensgrundlagen.
Viele afrikanische Regionen südlich der Sahara sind von der schlimmsten Dürre seit mehr als vierzig Jahren betroffen gewesen. Im Nordwesten Kenias zum Beispiel regnete es von 2021 bis Mitte 2023 nur sporadisch und äusserst spärlich, ganze Regenzeiten fielen aus. Die Situation besserte sich ab dem zweiten Halbjahr 2023 etwas. Dennoch bleibt sie auch im Jahr 2025 angespannt. Laut offiziellen Angaben sind in Kenia rund 2 Millionen Menschen und in Madagaskar etwa 1,2 Millionen von akuter Ernährungsunsicherheit bedroht. Gerade für Kleinkinder kann eine akute Mangelernährung schnell lebensbedrohlich werden.
Für Kinder und Erwachsene mit Behinderungen ist die Situation am schlimmsten. Auch ohne Hungerkrise leben sie häufig in Armut und können keine Ersparnisse sammeln für eine Krise. Abgabestellen der allgemeinen Nothilfe sind für sie oft nicht gut erreichbar. Sie erhalten die Informationen nicht, der Weg dahin ist nicht barrierefrei, und es fehlen Hilfsmittel wie Gehhilfen oder Rollstühle. Menschen mit Behinderungen werden in Krisensituationen wie dieser häufig vernachlässigt – mit gravierenden Folgen.
CBM-Nothilfe in Kenia
Tagesschau-Beitrag vom 23.11.2022 aus dem CBM-Projekt in Turkana, Kenia.
Ihre humanitäre Hilfe in der verheerenden Dürre begann die CBM in den zentralkenianischen Landkreisen Meru und Tharaka-Nithi. Während neun Monaten im Jahr 2022 unterstützte die CBM dort besonders gefährdete Haushalte.
Seit Herbst 2022 ist die CBM insbesondere in Turkana, im Nordwesten Kenias, humanitär tätig. In Turkana glichen die Projektaktivitäten zunächst denjenigen des vorangehenden Projekts in Zentralkenia, und fokussierten wiederum auf Menschen mit Behinderungen und andere gefährdete Personen: Stark betroffene Haushalte erhielten Bargeldzahlungen (Cash Transfers), Lebensmittelpakete, medizinische Hilfe und Hilfsmittel wie etwa Gehhilfen. Überdies sensibilisierte die CBM mit Selbstvertretungsgruppen von Menschen mit Behinderungen andere humanitäre Akteure sowie Behörden für eine inklusive Nothilfe.
So hilft die CBM in Kenia:
Im Anschluss an die rein humanitäre Arbeit in Turkana hat die CBM seit Anfang 2024, erneut unterstützt von der Glückskette, viel in die Wiederherstellung der Einkommensgrundlagen und Resilienz der dortigen Gemeinschaften investiert. Sie stärkt die Lebensgrundlagen von Menschen mit Behinderungen und anderen gefährdeten Personen.
Die jetzige Projektphase dauert von Anfang 2026 bis Mitte 2027, um noch mehr Menschen zu erreichen und die bisherigen Erfolge zu sichern. Implementierender Partner ist die Turkana Pastoralist Development Organization.
Von Anfang 2026 bis Mitte 2027 wird Folgendes erreicht:
- Cash Transfers: 363 Haushalte, in denen Menschen mit Behinderungen oder andere gefährdete Personen leben, erhalten Cash Transfers.
- Landwirtschaftliche Aktivtäten: Rund 1'000 Haushalte erhalten Unterstützung für eine nachhaltige Futtermittelproduktion, eine regenerative Landwirtschaft (die das Ökosystem aktiv erneuert und damit verbessert), für eine Hühnerzucht oder in der Fischerei.
- Trainings: 600 Personen werden zu nachhaltigen Anbaumethoden, zu verbesserter Tierhaltung sowie in ökonomischer Planung geschult.
- Hilfsmittel oder medizinische Hilfe: An 500 Menschen mit Behinderungen werden Hilfsmittel wie Gehhilfen abgegeben, 1'000 Personen erhalten medizinische Dienstleistungen.
- Aufbau und Stärkung von Selbsthilfegruppen: Die Gründung von inklusiven, lokalen Spar- und Darlehensgruppen wird gefördert. In solchen Gruppen unterstützen sich Menschen gegenseitig: Sie ermöglichen ihren Mitgliedern über Banken oder Erwerbsgenossenschaften Kredite für individuelle Einkommensprojekte, etwa den Aufbau einer Hühnerzucht.
- Einbezug von Menschen mit Behinderungen: Selbstvertretungsorganisationen von Menschen mit Behinderungen werden gestärkt. Diese Organisationen sensibilisieren und beraten Gemeinden, Behörden, andere Organisationen und private Stellen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und anderen gefährdeten Personen. Sie müssen Zugang haben zu Gesundheitsdiensten, Bildung und Einkommen und einbezogen werden in zukünftige Vorsorge-, Nothilfe- und Wiederaufbaumassnahmen.
Die Geschichte von Raphael und Cynthia
Zwei kleine Räume unter einem Wellblechdach sind ihr Daheim. Ein Schlaf- und ein Wohnzimmer. «Raphael, ich, zwei Mädchen, der noch abzustillende Junge, und ein adoptiertes Mädchen», zählt Cynthia auf. «Das Mädchen lebte auf der Strasse und bettelte, ohne irgendeine fürsorgende Person. Da haben wir es aufgenommen als unsere eigene Tochter. Ihre Schulgebühren können wir dank dem Nothilfegeld der CBM begleichen, nebst all dem anderen, damit unsere Familie sich bei dieser Dürre noch auf den Füssen halten kann.»
Freudig ergänzt Raphael: «Wir sind der CBM und ihrem Partner, dem Kenianischen Roten Kreuz, überaus dankbar; sie springen in die Lücken der staatlichen Hilfe. Niemand soll leiden müssen, vor allem keine Kinder.»
Raphael und Cynthia haben von der CBM Cash Transfers erhalten und sich dadurch zudem einen Marktstand mit Früchten und Gemüse ermöglichen können. Durch diesen Markstand hat die Familie ein selbstständiges Leben führen und der Dürrekrise trotzen können. Mit der stetigen Ausweitung der Dürre müssen das Gemüse und die Früchte jedoch von immer weiter herangefahren werden, was hohe Transportkosten verursacht.
Raphael kann sich seit früher Kindheit nur humpelnd fortbewegen. Er habe sich rasch an den Spott von Schulkollegen gewöhnen müssen, erinnert er sich. Heute leitet er die lokale Selbstvertretungsgruppe von Menschen mit Behinderungen in Kalokol: «Ich finde und suche Menschen mit Behinderungen auf, zeige ihnen, dass sie nicht allein sind, und ermutige sie unserer Gruppe beizutreten. Auf alle mögliche Weise unterstütze ich sie, damit sie ein erfülltes und gleichberechtigtes Leben führen können.» Leidenschaft leuchtet aus Raphaels Augen und liegt in seiner Stimme – er lebt seine Berufung.
«Die CBM gab Kurse in Buchhaltung, im Führen eines Kleinunternehmens sowie zu den Rechten und Gesetzen in Kenia», erzählt er begeistert. «Ausserdem vertritt unsere Selbsthilfegruppe seit den Kursen die Anliegen und Rechte von Menschen mit Behinderungen an Gemeindeversammlungen. Wir haben erreicht, dass sie endlich bei den staatlichen Lebensmittelprogrammen registriert und berücksichtigt werden.»
CBM-Nothilfe in Madagaskar
Die humanitäre Hilfe der CBM im Süden Madagaskar begann im Jahr 2021 in der Region Anosy. Während einiger Monate unterstützte sie besonders stark betroffene Haushalte mit Cash Transfers.
Aufgrund der noch anhaltenden gravierenden Lage verlängerte die CBM ihre Nothilfe bis anfangs 2023, dann in der ebenfalls stark betroffenen Region Androy. Neben Bargeldzahlungen erhielten Menschen mit Behinderungen und andere gefährdete Personen sowie deren Familien Trainings in landwirtschaftlichen Produktions- und Tierhaltungstechniken. Zudem wurden Regierungsstellen, humanitäre Organisationen sowie Gemeinden für inklusive Nothilfemassnahmen sensibilisiert.
So hilft die CBM in Madagaskar:
An die vorangegangenen humanitären Hilfsmassnahmen schloss ein von 2023 bis 2025 dauerndes Projekt in den Distrikten Bekily und Ambovombe der Region Androy an. Auch dieses Projekt vereint Soforthilfe mit Aktivtäten, welche die Lebensgrundlagen und damit auch die Resilienz der betroffenen Haushalte langfristig sichern und stärken. Partner für dieses Projekt ist Action Intercooperation Madagascar.
- Cash Transfers: 1'000 Haushalte mit Menschen mit Behinderungen erhalten Cash Transfers. Diese Bargeldzahlungen bekommen sie jeweils von Februar bis Mai, wenn die Haushalte häufig keine Lebensmittel mehr aus dem eigenen Anbau haben und das Gesäte noch nicht geerntet werden kann – falls es überhaupt etwas zu ernten gibt.
- Psychische Gesundheit: 200 Personen erhalten psychologische Unterstützung. Diese Personen haben psychische Erkrankungen beziehungsweise zeigen Anzeichen dafür, oder sie leben besonders isoliert.
- Aufbau und Stärkung von Selbsthilfegruppen: Inklusive Einkommensgruppen werden gebildet, in denen Mitglieder Ersparnisse zusammenlegen, um einander individuelle Einkommensprojekte zu ermöglichen.
- Trainings: In den beiden Distrikten werden sogenannte Bauernfeldschulen eröffnet, die auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich sind. In diesen Bauernfeldschulen erhalten die Einwohnerinnen und Einwohner Trainings zu nachhaltigen Anbaumethoden und zu verbesserter Tierhaltung. Ebenso werden Weiterbildungen in ökonomischer Planung durchgeführt.
- Einbezug von Menschen mit Behinderungen: Selbstvertretungsorganisationen werden gefördert, damit sie staatliche und private Akteure für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und anderen gefährdeten Menschen beraten können: Alle Personen müssen Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen, Bildung und Einkommen bekommen.
Für 2026 bis 2028 ist ein weiteres Projekt in Planung, das die Aktivitäten des Vorgängerprojekts fortführen wird.
Die Geschichte von Votsorambelo Kapiso und seiner Familie
Honde und Jude, gleich zwei Wirbelstürme in Folge, zogen anfangs 2025 über Madagaskars Süden. Häuser wurden stark beschädigt. Ernten fielen aus und viele Familien konnten sich nicht mehr ausreichend ernähren.
Auch die Familie Kapiso ist betroffen gewesen. Für sie war das Leben bereits vorher prekär. Der jüngste der drei 6-, 15-, und 18-jährigen Söhne war mangelernährt, blickt der Vater zurück. Bislang hat erst der älteste einmal die Schule besucht, jedoch nur die ersten beiden Jahre Primarschule. «Dass meinen Söhnen bereits die Verantwortung aufgebürdet ist, Essen für ihre Familie zu beschaffen, macht mich traurig», sagt Votsorambelo Kapiso betroffen.
Die CBM hat über den Partner Action Intercoopération Madagascar AIM der Familie geholfen. Sie hat Nothilfe-Geld erhalten, das sie für die Reparatur ihres Daches eingesetzt hat sowie zum Kauf einiger Hühner und Ziegen. «Seitdem haben wir alle ausreichend zu essen, und es geht uns besser», so der Vater. Sogar die Schulkosten für Abraha, seinen Jüngsten, kann er decken – ein wichtiger Schritt für die Familie in eine bessere Zukunft.
Die Dorfgemeinschaften passen sich so gut es geht an die längeren Dürren und heftigeren Stürme an. So setzen sie zum Beispiel trocken- und sturmresistente Anbaupraktiken um. Dafür geschult werden die Bauernfamilien von einheimischen Agronomen. Auch erlernen sie, wie sie die Ernten sicher lagern können.
Die CBM setzt sich dafür ein, damit Menschen mit Behinderungen stets einbezogen werden. Die CBM stärkt daher Vereinigungen von Menschen mit Behinderungen. In einem Spar- und Selbsthilfeverband engagiert sich auch Votsorambelo Kapiso und ermutigt die anderen Mitglieder. Wie er trotz Blindheit schwere Lebensumstände bewältigt, lässt Vorurteile in sich zusammenfallen. In einem Gebiet mit rund 50’000 Menschen ist das CBM-Projekt zudem das einzige, das gezielt die am stärksten Benachteiligten unterstützt.

Inhalt teilen
Inhalt drucken
Seite drucken