UNO-Behindertenrechtskonvention auch nach 10 Jahren ungenügend umgesetzt

13. Mai 2024

Am 15. Mai jährt sich das Inkrafttreten der UNO-Behindertenrechtskonvention in der Schweiz zum zehnten Mal. Mit deren Ratifizierung hat sich der Bund verpflichtet, die Rechte von Menschen mit Behinderungen vollumfänglich umzusetzen – auch in seiner internationalen Zusammenarbeit. Doch davon ist er noch weit weg. 

190 Staaten haben die UNO-Behindertenrechtskonvention (UNO-BRK) inzwischen ratifiziert, darunter auch die Schweiz im Frühjahr 2014. Diese Staaten verpflichten sich, Menschen mit Behinderungen grundlegende Rechte zu garantieren. Zwei Artikel der UNO-BRK befassen sich spezifisch mit der internationalen Zusammenarbeit. Sie zielen darauf ab, dass Akteure der humanitären Hilfe (Artikel 11) bzw. der Entwicklungszusammenarbeit (Artikel 32) Menschen mit Behinderungen in allen Projekten und Programmen aktiv miteinschliessen müssen.

Ungenügendes Zeugnis für die Schweiz

Im März 2022 überprüfte der zuständige UNO-Ausschuss erstmals, inwieweit die Schweiz die UNO-BRK umgesetzt hat. Der UNO-Ausschuss kritisierte dabei die Schweiz sowohl mit Blick auf den nationalen als auch den internationalen Kontext. Bezogen auf die internationale Zusammenarbeit der Schweiz richtete er damals unter anderem folgende Empfehlungen an den Bund:

  • Humanitäre Hilfe: Die Schweiz unterzeichnete 2020 die Charta zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen in der humanitären Hilfe. Es fehlt jedoch nach wie vor ein Aktionsplan, der regelt, wie die Charta umgesetzt wird.
  • Richtlinien: Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) muss Richtlinien verabschieden, die sicherstellen, dass alle ihre Projekte die Rechte von Menschen mit Behinderungen gewährleisten und mit der UNO-BRK in Einklang stehen.
  • Einbezug: Die DEZA muss Menschen mit Behinderungen und ihre Vertretungsorganisationen in die Entwicklung von Strategien und Programmen zur internationalen Zusammenarbeit aktiv einbeziehen.
  • Daten: In Entwicklungs- und humanitären Projekten der DEZA müssen Daten erhoben und ausgewertet werden, die explizit nach Behinderung aufgeschlüsselt sind. Nur so ist ersichtlich, wie viele Projekte darauf abzielen, die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen durch die DEZA-Projekte in Ländern des globalen Südens zu verbessern.

Einzig der letzten Empfehlung ist die DEZA inzwischen teilweise nachgekommen und wertet nun alle ihre Projekte nach Behinderung aus. Doch die Datenqualität ist verbesserungswürdig, und das Resultat schlicht ernüchternd: Die Daten der DEZA zeigen, dass nur drei Prozent ihrer Projekte gezielt auf Menschen mit Behinderungen ausgerichtet sind.

Weitreichende Forderungen

Das Swiss Disability and Development Consortium (SDDC) unterstützt die Forderungen des Ausschusses. Ausserdem muss die Schweiz in ihrer internationalen Zusammenarbeit ausreichend finanzielle Mittel für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen bereitstellen. In seiner Strategie zur internationalen Zusammenarbeit 2025-28 definiert der Bundesrat die Armutsreduktion als einen Schwerpunkt. Will er dieses Ziel ernsthaft verfolgen, muss er Armut und Behinderung zwingend zusammen denken: Gemäss der Weltgesundheitsorganisation WHO leben 80 Prozent der 1,3 Milliarden Menschen mit Behinderungen in Armutsgebieten des globalen Südens. Der Bundesrat möchte aktuell jedoch die Gelder für Länder des globalen Südens kürzen. Eine solche Reduktion wäre unsolidarisch und auch für die Umsetzung der UNO-BRK ein weiterer Rückschritt. Simone Leuenberger, Vorstandsmitglied bei der CBM Schweiz, Berner Grossrätin und Behindertenrechtlerin, sagt denn auch: «Der Schweiz bietet sich die Gelegenheit, Verpasstes aufzuholen und bis zur nächsten Überprüfung 2028 international eine Vorreiterrolle in der inklusiven humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit einzunehmen.»

Daher fordert das SDDC den Bund auf, die vom Ausschuss und dem SDDC formulierten Empfehlungen vollumfänglich umzusetzen und die Implementierung der UNO-BRK im Allgemeinen und der Artikel 11 und 32 im Besonderen voranzutreiben.


Über das SDDC

Das SDDC (Swiss Disability and Development Consortium) ist ein Netzwerk mit Sitz in der Schweiz, das sich für die Rechte und die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz einsetzt.

Das SDDC wurde 2016 von der CBM Schweiz, FAIRMED und Handicap International Schweiz (HI) gegründet. Im Jahr 2019 trat die International Disability Alliance (IDA) dem Konsortium bei. Die CBM Schweiz beherbergt das Sekretariat. Die Arbeitsbereiche, Kompetenzen und Prioritäten der Mitglieder ergänzen sich thematisch und geografisch. Zusätzlich zur Advocacy-Arbeit sammelt, entwickelt und teilt das SDDC Fachwissen, Ressourcen und Informationen zur behinderteninklusiven Entwicklung.

Kontakt

Michael Schlickenrieder
Co-Leitung Kommunikation und Fundraising
Tel. 044 275 21 65
michael.schlickenrieder@STOP-SPAM.cbmswiss.ch

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