Ganga findet aus der Krise zurück ins Leben.
Ganga ist zwei Jahre alt, als ihre Mutter sich das Leben nimmt. Sie wächst bei Verwandten auf, wo man sie vernachlässigt. Jahre später erfährt sie vom Suizid ihrer Mutter. Ganga gerät in eine psychische Abwärtsspirale. Bis Krishnamaya Thapa des CBM-Projektpartners Koshish sie auffängt.
Die Kindheit der heute 17-Jährigen war schwer, weiss die psychosoziale Betreuerin: «Ganga wurde vernachlässigt, bekam kaum Zuwendung und nur das Allernötigste an Nahrung und Kleidern. Von klein auf musste sie viel durchmachen. Verständnis brachte ihr niemand entgegen.»
Komplett aus der Bahn geworfen wurde sie, nachdem ihr jemand im Familienumfeld vom Suizid ihrer Mutter erzählte. «Es begann vor drei Jahren», schildert Ganga. «Ich war dauernd bedrückt und gereizt, nichts interessierte mich mehr. Immer häufiger fiel ich in Ohnmacht, teils zwei bis drei Mal am Tag.»
«Ganga bekam kaum Zuwendung.»
Gangas Leid verschlimmerte sich, als sie die Prüfung am Ende der 9. Klasse nicht bestand. «Dauernd hatte ich Kopfschmerzen. Immerzu drehten sich meine Gedanken, ich fand kaum mehr Schlaf. Ich konnte mich nicht mehr konzentrieren und verlor völlig den Appetit.»
Zuwendung erfuhr Ganga in der Schule. Die Lehrpersonen und Schulfreundinnen hielten zu ihr. «Besonders in der 9. Klasse hatte Ganga schwer zu kämpfen», blickt Schulleiter Rishi Ram zurück. «Sie fiel während der Lektionen regelmässig in Ohnmacht. Wir brachten sie dann in einen ruhigen Raum, wo sie sich ausruhen konnte. Nach einer halben bis einer Stunde nahm sie wieder am Unterricht teil.»
Für ihre körperlichen Beschwerden habe es keine eindeutige medizinische Erklärung gegeben, berichtet ihre Betreuerin Krishnamaya Thapa. Die Symptome wie Kopfschmerzen, Ohnmachtsanfälle und Appetitlosigkeit seien keineswegs eingebildet, sondern Ausdruck ihrer tiefen inneren Krise gewesen.
«Immer häufiger fiel ich in Ohnmacht, teils zwei bis drei Mal am Tag.»
Solche Beschwerden können entstehen, wenn psychische Belastungen das Nervensystem aus dem Gleichgewicht bringen. Psychische Erkrankungen treten häufiger bei Menschen auf, die von traumatischen Erfahrungen und chronischem Stress betroffen sind, und die keine Möglichkeiten haben, über ihre Not zu sprechen.
Armut und Ungleichheit sind weitere, grundsätzliche Ursachen für psychische Belastungen. «Als Ganga älter wurde, erzählten ihr andere Leute vom Selbstmord ihrer Mutter. Dies könnte der Auslöser für ihre Krise gewesen sein», erklärt Krishnamaya Thapa.
Zuhause war der Druck enorm. Ihre Onkel forderten Ganga wiederholt auf, die Schule abzubrechen. Immer wieder wurde ihr vorgeworfen: Wozu sollten sich ihr Vater und ihre Brüder in Indien so sehr für ihre Ausbildung abmühen, wenn sie zu Hause nicht mithelfe und in der Schule versage. «Das tat mir weh», sagt Ganga. «Aber ich brach die Schule nicht ab.»
Eine verzweifelte Sturheit, die sich als richtig erwies. Der CBM-Partner Koshish besuchte Gangas Schule, sein Team ist spezialisiert im Bereich psychische Gesundheit. Jugendlichen mit psychischen Problemen bietet Koshish therapeutische Gruppen- und Einzelgespräche.
In der Betreuerin Krishnamaya Thapa hat Ganga erstmals einen Menschen, dem sie alles anvertrauen kann. Bei ihr hat sie Atemtechniken und Entspannungsübungen kennengelernt sowie weitere Strategien, um mit ihren Gefühlen umzugehen: «Wenn meine Onkel wieder mit mir schimpfen, muss ich nach wie vor weinen. Doch nun wende ich diese Techniken an. Sie helfen mir, dass ich aus einer Krise rasch wieder rauskomme.»
Heute nimmt Ganga regelmässig am Unterricht teil, und ihr geht es deutlich besser. Sie möchte ihren höheren Schulabschluss und dann eine Ausbildung zur Kosmetikerin machen. Auch mag sie wieder essen, schlafen und ist viel entspannter: «Vorher konnte ich nicht einmal mit meinen Schulkolleginnen sprechen und machte mir viele Sorgen. Heute rede ich ohne Hemmungen und selbstbewusst mit allen.»
Wie Sie helfen können
Stärken Sie die psychische Gesundheit von betroffenen Menschen in Nepal und anderen Ländern.
Psychische Gesundheit: Ziele von 2024 bis 2027 in Nepal
- 8'636 Personen profitieren von psychologischer und psychosozialer Unterstützung.
- 11'172 Personen werden zu psychischer Gesundheit und Suizidprävention sensibilisiert und aufgeklärt.
- 30 Personen mit psychosozialen Behinderungen sind in Selbsthilfegruppen aktiv und setzen sich für ihre Rechte und inklusive Gemeinderichtlinien ein.
- 500 Personen mit psychosozialen Behinderungen oder einem entsprechenden Risiko erhalten Zugang zu einer Sozial- und Krankenversicherung, rechtlicher Hilfe und zum Arbeitsmarkt.
- 9 weitere Gemeinden haben Richtlinien zur psychischen Gesundheit und Inklusion erarbeitet.
- 25 Sekundarschulen verfügen über eine grundlegende psychosoziale Unterstützung für Schulkinder.
Unser Partner vor Ort
Geleitet wird das beschriebene Projekt von der nepalesischen Nichtregierungsorganisation CMC Nepal, einem Zentrum für psychische Gesundheit und Beratung, welche seit 15 Jahren aktiv ist.

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