Inklusion rettet Leben
Zur Katastrophenvorsorge können Menschen mit Behinderungen entscheidend beitragen. Interview mit Dr. Manuel Rothe, Verantwortlicher der CBM Schweiz für Humanitäre Hilfe.
Werden Menschen mit Behinderungen nicht gezielt gerettet?
Nein, leider nicht. In Armutsgebieten sind Menschen mit Behinderungen oft an einen Ort gebunden, oder sie werden von ihren Angehörigen aus Scham sogar verborgen. Bei einer plötzlichen Flucht ihrer Angehörigen werden sie häufig zurückgelassen und von der allgemeinen Nothilfe vergessen. Sie werden nicht evakuiert, erhalten keine Hilfsgüter und sind grossen Gefahren ausgesetzt.
Weshalb werden sie übergangen?
Menschen mit Behinderungen werden in vielen Ländern immer noch geringgeschätzt und einer fürsorgenden Person überlassen. Die Katastrophenschutzbehörde weiss nichts von ihnen, und von den Katastrophenhelferinnen und -helfern werden sie daher übersehen. Dass auch sie Verantwortung tragen und Wertvolles zur Gemeinschaft beitragen können, erkennt ihr Umfeld nicht von selbst.
Wie tragen sie zum Gelingen bei?
Mit ihrer Perspektive sowie ihren Fähigkeiten stärken und verbessern sie die Lebensqualität ihrer Mitmenschen. Denn wenn öffentliche Räume und Kommunikation zugänglich werden, profitieren auch ältere Menschen, verletzte Personen oder Kleinkinder und ihre Mütter.
Was macht die CBM?
Sie stellt ihre langjährige Erfahrung und ihr umfassendes Fachwissen zur Verfügung, motiviert, finanziert Weiterbildungen und Vorkehrungen zur Barrierefreiheit. Zudem hat die CBM zwei innovative Apps entwickelt: HHoT zur inklusiven Humanitären Hilfe und i-DRR zur inklusiven Katastrophenvorsorge. Beide bieten praxisnahe Anleitungen, die via Smartphone zeit- und ortsunabhängig greifbar sind. Selbsthilfegruppen, Behörden und Organisationen erfahren durch die Apps, wie sie Notunterkünfte, Fluchtwege, Warnsysteme und Hilfe für alle zugänglich machen können.
Schildere uns bitte einen Erfolg.
Gaibandha, ein Flutgebiet im Norden von Bangladesch: Menschen mit Behinderungen erhalten Warnungen per Mobiltelefon, es gibt zugängliche Rettungsboote, Wege und Notunterkünfte sowie ein inklusives Frühwarnsystem samt Evakuierungstrainings. Rettungskräfte erkundigen sich im Voraus bei Selbsthilfegruppen, wo sich Menschen mit Behinderungen und andere gefährdete Personen befinden.
Was ist deine Rolle?
Als Teil des Nothilfe-Teams der CBM-Föderation leite, berate und begleite ich Projekte der Katastrophenvorsorge und Humanitären Hilfe, ermittle die Wirksamkeit von Massnahmen und helfe, neue Erkenntnisse anzuwenden. Meine Ausbildung und Erfahrungen als Ökonom und Sozialwissenschaftler unterstützen mich dabei.
Was motiviert dich persönlich?
Ich möchte eine gerechtere Welt, in der alle teilhaben können. Das treibt mich an. Mich beeindrucken Menschen mit Behinderungen, die sich trotz aller Widrigkeiten für die Entwicklung ihrer Gemeinde und für das Wohl anderer einsetzen. Dann begeistert mich, dass sich Spenderinnen und Spender mit ihnen solidarisch zeigen: das Umsetzen ihrer Menschenrechte unterstützen, damit sie Respekt und ein erfülltes und würdevolles Leben erlangen.
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