«Inklusive Entwicklung jetzt!»

Der Bund hat begonnen, Menschen mit Behinderungen in seine Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe einzubeziehen. Mirjam Gasser, CBM-Verantwortliche für politische Arbeit, begleitet diese Entwicklung. Ein Interview.

2014 hat die Schweiz die UNO-Behindertenrechtskonvention (UNO-BRK) ratifiziert.

Ja, damit hat sie sich zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen verpflichtet, auch in der Entwicklungszusammenarbeit und Humanitären Hilfe. Erste Schritte hat sie unternommen.

Was leistet die UNO-BRK?

Sie konkretisiert die Rechte von Menschen mit Behinderungen umfassend – unter anderem betreffend Bildung und Arbeit, Zugänglichkeit , selbstbestimmter Lebensführung und eben auch internationaler Zusammenarbeit. Damit bezweckt sie, dass Menschen mit Behinderungen zum vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten gelangen sowie ihre Menschenwürde geachtet wird.

Was hat die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) bislang umgesetzt?

Sie verfügt mittlerweile über eine verantwortliche Person für Inklusion und ist dem Netzwerk Global Action on Disability (GLAD) beigetreten. Neu ermittelt sie durch einen Marker der OECD, wie viel ihrer Gelder in die Inklusion fliessen. Die DEZA unterstützt zudem inklusive Programme von Entwicklungsorganisationen, darunter ein CBM-Projekt in Pakistan. Ferner hat sie zwei Seminare durchgeführt, die von der CBM geleitet wurden: 2016 in Nepal und 2018 in der Schweiz. Vermissen lässt sie aber insbesondere ein systematisches und strategisches Engagement für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Weshalb hat die CBM die Tagung «Inklusive Entwicklung jetzt!» organisiert?

Um eine Standortbestimmung vorzunehmen und zu diskutieren, was die Schweiz hin zur inklusiven Entwicklung für Menschen mit Behinderungen noch alles leisten muss. Zudem diente die Tagung der Sensibilisierung wie auch dem Austausch und der Vernetzung.

Wer hat den globalen Süden vertreten?

Laxmi Maharjan Devkota aus Nepal. Sie engagiert sich seit zehn Jahren im Vorstand des CBM-Partners National Disabled Women Association (NDWA) und ist selbst gehörlos. In ihrem Referat hat sie unterstrichen, wie wichtig die Kooperation mit Selbstvertretungsorganisationen ist. Zur erfolgreichen Inklusion ist die Expertise von Menschen mit Behinderungen unabdingbar, dies betont auch die UNO-BRK.

War die Tagung erfolgreich?

Rund 80 Vertreterinnen und Vertreter von Menschen mit Behinderungen, des Bundes, der Politik, der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft haben ihr Wissen über Inklusion vertieft. Bestärkt, sie entschlossen umzusetzen, hat die DEZA weitere wichtige Schritte angekündigt. Diese sind notwendig. Denn wie der Luzerner Ständerat Damian Müller in seiner Eröffnungsrede betont hat, verzeichnet die Schweiz zwar Fortschritte, muss aber noch enorm viel leisten, um ihren Verpflichtungen nachzukommen.

Wie geht es weiter?

Im September 2020 überprüft der UNO-Behindertenrechtsausschuss die Schweiz. Dort fliesst ein, was die Tagung erörtert hat und unsere Koalition, die SKBIZ, fordert. An den Empfehlungen des Ausschusses orientiert sich die Schweiz bei der Umsetzung der UNO-BRK bis zur nächsten Überprüfung in vier Jahren. Die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen muss endlich Realität werden!

6 Jahre UNO-BRK und die Schweiz

Im April 2014 hat die Schweiz die UNO-BRK ratifiziert, die auch die Entwicklungszusammenarbeit (Art. 32) und Humanitäre Hilfe (Art. 11) umfasst. Wo sie hier ihren Verpflichtungen nachkommt und wo noch nicht, hat am 3. Dezember 2019 die Tagung «Inklusive Entwicklung jetzt!» beleuchtet. Durchgeführt hat sie die Schweizer Koalition für die Rechte von Menschen mit Behinderungen in der Internationalen Zusammenarbeit (SKBIZ), ein Zusammenschluss von der CBM, FAIRMED, Handicap International und der International Disability Alliance. Die DEZA, so das Fazit, sei auf dem richtigen Weg. Sie müsse aber für Menschen mit Behinderungen noch Entscheidendes umsetzen:

  • Strategie zur Inklusion samt personeller und finanzieller Ressourcen
  • Berücksichtigen der Rechte von Menschen mit Behinderungen in allen neu entwickelten und überarbeiteten Strategien des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) betreffend Internationaler Zusammenarbeit
  • Systematische Erhebung und Aufschlüsselung von Daten zu Menschen mit Behinderungen
  • Konsultieren von Menschen mit Behinderungen bei allen Vorhaben, so dargelegt in der Botschaft 2021-2024 zur Internationalen Zusammenarbeit sowie der Strategie zur nachhaltigen Entwicklung (Agenda 2030) unter dem Motto «Niemanden zurücklassen»

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